Navigation

   

DER STROM GEHT AUF REISEN
Wieviel Strom das Murkraftwerk für Graz wirklich produziert –
und wer dabei profitiert


Die Befürworter halten das Murkraftwerk für alternativlos, Gegner argumentieren mit mangelnder Energie-Effizienz bei zu hohen Kosten. Aber wie sehen die Fakten aus? Wie viel Energie das Kraftwerk für Graz wirklich produziert, welche Auswirkungen es auf unsere Strom-Importe hat und wer davon wirtschaftlich profitiert haben wir hier kurz, bündig mit mit den entsprechenden Nachweisen zusammengestellt.

Folgt man den bezahlten Inseraten, dann soll das umstrittene Grazer Murkraftwerk Strom für 20.000 Haushalte und die Unabhängigkeit von Atomstrom-Importen sichern. Das ist grundsätzlich ein schöner Gedanke. Hält die Angabe dem Fakten-Check stand? Spoiler: Restlos überzeugend sind diese Argumente nicht.


 1) Wie viel Strom produziert das Murkraftwerk? Im Vergleich nicht viel.

Das Kraftwerk kann höchstens 74 bis 82 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr produzieren. Zur Veranschaulichung: Dies entspricht nicht einmal der Strommenge, die in der Steiermark in vier Tagen verbraucht wird.

Zum Vergleich: Das funkelnagelneue Gasdampfkraftwerk Mellach würde diese Menge an Strom in nicht einmal 60 - 80 Stunden produzieren können. Es steht allerdings still weil dem Kraftwerksbetreiber der Gaspreis zu hoch ist. Notiz am Rande: Es hat ungefähr € 550 Millionen gekostet, wurde mit zig Millionen öffentlichen Geldes bezuschusst und würde mehr als 60% des Energiebedarfs in der Steiermark decken können.

Weitere Kraftwerke im Vergleich:

  • 13 Windräder auf der Handalm liefern ab 2017 Strom für über 21.000 Haushalte (Investitionskosten 58 Million) – Spitzenleistungen 39 MW

  • Wasserkraftwerk Greifenstein an der Donau - 1717,3 GWh pro Jahr

  • Wasserkraftwerk Altenwörth an der Donau - 1967,6 GWh pro Jahr

 

Fazit. Wir werden nicht im Dunkeln sitzen.

Quelle
Strombedarf Steiermark: Statistik Austria

Mehr Infos:
Geschichte Mellach ORF
Übersicht Donaukraftwerke

Der Vergleich macht sicher. Der steirische Stromverbrauch, die Leistung des stillstehenden Gaskraftwerks in Mellach, eine thermische Sanierung der Grazer Haushalte (Investitionshöhe wie Kraftwerksbau) und das Murkraftwerk in der Gegenüberstellung.

 

2) Wie sieht die Kosten-Nutzen-Rechnung aus? Mäßig bis schlecht.

Der  Energieexperte DI. Dr. Jürgen Neubarth verglich in einer Studie das geplante Murkraftwerk mit 60 anderen österreichischen Wasserkraftwerken. Das Ergebnis: Das Kraftwerk wird eines der ineffizientesten der derzeit geplanten und entstehenden Projekte in ganz Österreich sein. Nicht nur in punkto Stromproduktion, sondern auch wirtschaftlich: mit 1,52 €/kWh wird es den teuersten Strom Österreichs produzieren. Eine Wirtschaftlichkeit des Projekts kann de facto nicht erreicht werden.

Das Kraftwerk fährt für seine Betreiber in 50 Jahren einen prognostizierten Betriebs-Verlust von € 44,7 Mio. ein.


Quelle: Studie DI. Dr. Jürgen Neubarth



Abb.6. aus der Studie von DI. Dr. Jürgen Neubarth (S.14) / Im Vergleich mit 60 anderen vergleichbaren Projekten schneidet das Murkraftwerk am schlechtesten ab und weist die höchsten spezifischen Investitionskosten auf.

 

3) Aber immerhin bleibt der Strom in Graz? Größtenteils nicht.


Von der geringen produzierten Energiemenge können weniger als 10% (d.h. maximal 7 GWh) für die Versorgung des österreichischen Strommarktes verwendet werden. Grund dafür ist die ungünstige jahreszeitliche Verteilung der Produktion (Hauptproduktion im Sommer). Sprich wenn eines der 32 Mur Wasserkraftwerke viel Strom liefert, liefern alle viel Strom.

Was passiert nun mit dem nicht genutzten Strom? Der wird zu schlechten Konditionen exportiert. Das heißt, in Wirklichkeit ist das Murkraftwerk ein Projekt mit Schwerpunkt auf das Exportgeschäft. Das Werbe-Argument, dass 20.000 Grazer Haushalte mit Energie versorgt werden, ist also irreführend.

Quelle: Gutachten Pavlovec Energy Consulting

Stromproduktion eines Murkraftwerks während eines Jahres. Gerade in den Wintermonaten, wenn es draußen kalt ist, wird besonders wenig Strom produziert.

Bestehende und geplante Staustufen und Ausleitungskraftwerke rund um Graz. Das Problem an dieser Produktionskette: Liefert ein Kraftwerk Strom, liefern gleichzeitig alle. Im Winter-Spitzenzeiten mit wenig Wasser sinkt die Gesamtleistung entsprechend.

 

4) Macht uns das Murkraftwerk wenigstens unabhängig von Atomstrom? Leider nicht.

Die Sache mit dem Atomstrom wäre zu schön um wahr zu sein – Bürgermeister Siegfried Nagl sprach sogar davon, dass das Murkraftwerk dabei hilft, das Atomkraftwerk Krsko stillzulegen. Fakt ist: Das Murkraftwerk würde gerade mal 1,3% des AKW Krsko bereitstellen. Atomkraftwerke stehen außerhalb Österreichs – viele Bemühungen, diese stillzulegen, sind bisher gescheitert. Ob in Graz ein weiteres Kraftwerk gebaut wird, beeinflusst politische und energiewirtschaftliche Entscheidungen in Slowenien nicht. Daher: Das Grazer Murkraftwerk wird KEINE Auswirkungen auf Atomstromimporte haben – dazu produziert es schlichtweg zu wenig Strom. Das gaben auch Vertreter der Energie Steiermark bei einer öffentlichen Veranstaltung zu.


Mehr Infos:
Infoflyer zum Thema Atomstrom

VIRUS kritisiert Grazer "Atomstrom-Nagl"- Desinformation bei Faktor 64


5) Es gibt aber keine Alternativen zum Murkraftwerk? Doch, die gibt es.

Die Stromproduktion des Murkraftwerks kann sowohl durch bestehende Kraftwerke als auch durch Investitionen in Energieeinsparung aufgebracht werden.


Drei Beispiele:

  • Mit einer Investition der Projektkosten des Murkraftwerks könnte man zudem 750 Gebäude in Graz thermisch sanieren – dadurch würde dieselbe Energie eingespart, die das Kraftwerk produzieren würde.
  • So würde beispielsweise das derzeit stillstehende Gaskraftwerk Mellach die relevante Jahresstrommenge, die wirklich in der Steiermark bleibt, in sechs bis acht Stunden erzeugen.
  •  Eine Investition von 74 Mio € in Photovoltaik-Anlagen auf den Grazer Dächern würde denselben Energie-Output liefern wie die Mur-Staustufe ohne Baumfällungen.

Quelle: Grazer Grüne


Stoppen wir das Murkraftwerk! Graz hat eine Alternative!